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Kivalina – Relocation Center

Zusammen mit lokalen Projektpartnern entwickelten wir eine Srategie für die Umsiedelung der vom Klimawandel bedrohten Inupiatgemeinde Kivalina, nördlich des Polarkreises. Durch die enge Zusammenarbeit mit den BewohnerInnen von Kivalina entstand die Idee eines Relocation Centers – Eines Gemeinschaftszentrum das die Grundlage für den Umsiedlelungsprozess schaffen sollte.

> Status:  Studie abgeschlossen, Fertigstellung Community Center: 2017

> Projektpartner: Projekt Relocate-AlaskaWochenklausur

>  Team AoGA: Philipp Benisch, Magdalena Doná, Daniel Gutmann, Daniel Schür, Eva Silberschneider, Martina Weißenböck

    • Gemeinde mit 374 Einwohnern
    • Ethnische Gruppe: Inupiat, eine Untergruppe der Inuit
    • Lage am Nordpolarmeer oberhalb des nördlichen Polarkreises
    • Arktisches Klima mit nur 3 eisfreien Monaten
    • Exponierte Lage auf Halbinsel mit akutem Platzmangel
    • Bedrohung der Gemeinde durch Ansteigen des Meeresspiegels
    • Seit Jahrzehnten Pläne einer Umsiedlung, jedoch nie konkrete Planungen
    • Die Hälfte der Bevölkerung ist jünger als 20 Jahre
    • Hohe Arbeitslosigkeit
    • Schlechte Infrastruktur
    • Klimabedingt nur eingeschränkte Nutzung des öffentlichen Raums
    • Fehlen eines gemeinschaftlichen, neutralen Ortes mit variablen Nutzungsmöglichkeiten

Das Projekt

Initiiert wurde das Projekts vom KuratorInnenteam des Relocate-Alaska Projektes, die mit der Künstlergruppe Wochenklausur in einem mehrwöchigen Aufenthalt vor Ort im August 2012 [Camp 1] Strategien entwickelten, um das Leben in Kivalina gezielt punktuell verbessern zu können. Dazu wurde in der Folge Architektur ohne Grenzen zu einer Projektpartnerschaft eingeladen, um einer von mehreren „Agentsof Change“ zu werden. Unter dem Motto Architektur als humanitäre Verantwortung widmet sich Architektur ohne Grenzen somit der besonderen kulturellen und sozialen Situation der Inupiat-Eskimos in Alaska.

Angefangen hat das AoGA-Projekt mit der Idee das bestehende Community-Center umzugestalten und mit zusätzlichen programmatischen Anreizen zu versehen, die vor Ort partizipativ erarbeitet werden sollten. Nach einem Workshop mit dem KuratorInnenteam in Wien und intensivem Kontakt mit den Leuten in Kivalina wurde die Idee geboren, ein neues Gebäude, ein Relocation-Center zu planen. Kernaufgabe des Gebäudes ist es, den seit vielen Jahren andauernden und teilweise festgefahrenen Relocation-Prozess mit den BewohnerInnen von Kivalina und allen involvierten offiziellen Institutionen weiterzuentwickeln und zu präsentieren. Das neue Gebäude erfüllt ebenso eine wichtige Funktion als ein neutraler neuer Ort, der nicht von einer Organisation, einer Gruppe oder einer Religion besetzt ist und erlaubt allen Mitgliedern der Community auf gleicher Augenhöhe einander zu begegnen und festgefahrenen Fronten aufzulösen. Erst so wird eine Konsensfindung in Kivalina erst ermöglicht, die eine Grundbedingung für das Funktionieren des Relocation-Prozesses ist.

Dieses neue Gebäude hat auch den Anspruch, ein Modell für neues Bauen in der Arktis Alaskas zu sein, in bauphysikalischer Hinsicht (Niedrigenergiehaus), in sozialer Hinsicht (Partizipativer Planungsprozess) und in Architektonischer Hinsicht (Reaktion auf den Ort, ästhetischer Anspruch).

Camp [2] in Alaska

Im Juli 2013 war das AoGA-Team 2 Wochen vor Ort, um Kivalina und seine BewohnerInnen kennenzulernen und den Planungsprozess zu initiieren. Wir waren in ein grösseres Team aller „Agentsof Change“ eingebettet, die jeweils einen anderen Bereich untersuchten (Wasser, Müll,Untersuchung der Verantwortlichkeiten der Behörden, etc.).

In einem ersten Schritt versuchten wir, durch einfache Mitteln wie aufgespannte Leintücher, Seilen und Stangen ein neues Gebäude zu simulieren, um die EinwohnerInnen zum Mitentwerfen anzuregen. Für die meisten war diese Herangehensweise jedoch zu abstrakt und so suchten wir auf die klassische Methode, den Entwurf gemeinsam zu entwickeln. Wir zeichneten per Hand Perspektiven, Grundrisse und Schnitte und bauten Modelle. Dabei entwickelte sich ein Gebäudedesign, das dann mit verschiedenen Experten, offiziellen Funktionären und Leuten von der Straße evaluiert, diskutiert und adaptiert wurde. Ein altes Gebäude, das ehemalige „Search andRescue“ Gebäude, welches direkt neben dem zukünftigen Bauplatz steht, wurde als temporäres Studio eingerichtet und simulierte gemeinsam mit den Rauminstallationen im Außenraum das zukünftige Relocation-Center, was seinen Höhepunkt im ‚open-day‘ gefunden hat. Alle Agentsof Change stellten ihre Arbeit aus und die Bevölkerung Kivalinas wurde zum Evaluieren und diskutieren eingeladen.

Die Resultate dieses gesamten Prozesses sollen dann von Architektur ohne Grenzen Austria gemeinsam mit den BewohnerInnenKivalinas umgesetzt werden. Mit diesem partizipativen Ansatz soll für und mit der Gemeinschaft von Kivalina eine neue, ansprechende Umgebung für gemeinschaftliche Aktivitäten und Kommunikation entstehen.

Im Sommer 2014 waren zuletzt zwei Mitglieder von AoGA vor Ort um eine Bauaufnahme des „Search andRescue“ Gebäudes zu machen und zu analysieren, ob es für das zukünftige Relocation-Center geeignet wäre.

Die Umsetzung

Unser Projektpartner RE-LOCATE KIVALINA unter Leitung von Arch. Michael Gerace und Jen Marlow konnten im letzten Jahr eine Förderung beim ArtPlace America’s Creative Placemaking Grant für den Umbau des bestehenden Communitycenters sicherstellen.

Insgesamt wurde 6 Wochen lang umgebaut, gemeinsam mit einem Team von lokalen Handwerkern, einer Baufirma aus Seattle sowie Elektrikern aus Kotzebue. Es wurde unter anderem eine Lichtkuppel eingebaut, ein Windfang („Arctic Entrance“) hinzugefügt, eine neue Küche gebaut und Platz für die Dokumentationen des lang anhaltenden Relocation-Prozesses geschaffen. Im Community-Center werden Relocation-Treffen stattfinden, es gibt ein digitales und physisches Kivalina-Relocation Archiv, sowie Gästezimmer und einen Platz um innovative Sanitärsysteme zu testen. Wir freuen uns mit der Gemeinde Kivalina und unserem Projektpartner über das tolle Ergebnis!

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